MOTO GUZZI & FRANKREICH
„Etwas mehr Komfort wär ja schon schön.“
Dieser Satz war in ca. 30 Jahren Urlaub ohne fließend Wasser und Strom im Zelt oder in der 15m²-Holzhütte meines Freundes schon einige Male gefallen – meist bei miesem Wetter...
Etwa im Jahr 2010 nach häufigen Überlegungen und Diskussionen über für und wider fiel dann der Entschluss: Wir suchen uns hier ein Haus - erstmal als Ferienhaus und später als Altersruhesitz!
Nachdem Vorstellungen, Wünsche und der maximale Preis feststanden, ging es an die Suche.
Die Rahmenbedingungen für unser zukünftiges Haus sahen so aus:
1. Die Lage: ruhig, also kein Touristen-Zentrum!
2, Die Lage: nicht ganz einsam und abseits – Einkaufsmöglichkeiten sollten im Umkreis vorhanden sein.
3. Die Lage: sonnig, nicht mitten im Wald oder im Schatten eines Berges und im Winter möglichst schneefrei.
3.1.: Das Klima: Bedingt durch die verschiedenen Gebirgszüge gibt es Zonen mit sehr viel mehr Regen als anderswo. Und die Höhe sorgt für deutliche Temperaturunterschiede.
4. Die Lage: Keine Überschwemmungsgefahr! Dieses Risiko besteht vielerorts, auch wenn so etwas nur alle zig Jahre vorkommt – das will man gar nicht!
5. Die Lage: möglichst frei stehend und nicht höher als Erdgeschoss und 1. Etage.
6. Die Größe: Wohnfläche mindestens 80m² und drei Zimmer.
7, Das Grundstück: so um die 1000m² – mindestens.
8. Garage/Scheune/Werkstatt oder ein Bauplatz dafür.
9. Der Preis: maximal 60000,- Euro, inklusive aller Gebühren.
In diversen französischen Immobilien-Portalen suchten wir zunächst im Umkreis unserer bisherigen Urlaubsorte im Departement Herault.
Nach und nach wurde der Suchradius immer weiter ausgedehnt.
Der Grund ist ganz einfach: je näher das Meer, desto höher der Preis!
Nach Besichtigung diverser Objekte – mit und ohne Makler - war es dann 2015 soweit:
La Maison est trouvée! (Das Haus ist gefunden!).
Der Kauf lief recht problemlos ab.
Unsere Maklerin Christine war ein echter Glücksgriff und kümmerte sich um alles.
Ein gutes halbes Jahr und viele Emails später - inklusive einem langen Notartermin - waren wir stolze Hausbesitzer in Frankreich.
Das Haus liegt sehr ländlich in einer von Landwirtschaft geprägten Gegend in der Nähe von Saint Sernin sur Rance. Dort gibt es auch gleich Einkaufsmöglichkeiten, Tankstelle, Post etc..
Der Kanton Causses-Rougiers liegt im „Parc naturel régional des Grands Causses“ im Department Aveyron. Per Satellit sieht die Landschaft aus wie ein Flickenteppich.
Dafür verantwortlich sind die rote Erde, die grünen Wiesen und Felder und die Waldgebiete.
In einem kleinen, sehr ruhigen und friedlichen Hameau im Department Aveyron, etwa 140 Kilometer vom Mittelmeer entfernt und auf 600m Höhe steht unser Haus auf einem ca. 1100m³ großen Grundstück.
In der Siedlung stehen 1 Kirche und etwa 10 Häuser. Davon ist nur etwa die Hälfte ständig bewohnt. Der Rest wird als Ferienhaus genutzt.
Dominiert wird der Ort durch einen großen Bauernhof mit seinen vielen Nebengebäuden, die kleine Kirche und das große Pfarrhaus.
Unser Haus stammt aus dem Jahr 1836 (steht auf dem Türsturz aus Sandstein). Es befand sich in gutem Zustand, die letzte Renovierung war wohl im Jahr 1999 und es wurde zuletzt als Ferienhaus genutzt.
Die 90 Quadratmeter teilten sich auf in Salon/Küche/Essbereich, 1 Bad und 2 Schlafzimmer. Zusätzlich gibt es noch zwei Caves (Keller) und ein Backhaus, dessen Ofen leider nicht mehr reparabel war.
Vor dem Haus gibt es eine 20m² große Terrasse und noch ein simples Schleppdach für Brennholz.
Neben dem Haus steht ein Brunnen, der Wasser für den Garten liefert.
Das Haus steht komplett frei. Und nur an einer Seite stehen die beiden Caves (Keller) im Erdreich. Da dort die inzwischen überdachte Terrasse liegt, sind die Keller weitgehend trocken.
Der Garten war eine große Wiese mit noch kleinen Obstbäumen, durchzogen von Gestrüpp und umrandet von großen Eschen und Holunder.
Direkkt nach der Unterzeichnung des Kaufvertrags beim Notar im Dezember 2015 machten wir gleich mal 2 Wochen Weihnachtsferien in unserem neuen Domizil.
In dieser Zeit stellten wir bereits einige Unzulänglichkeiten fest.
Nach einigen Tagen gab es einen Rückstau beim Abwasser. Das wird eigentlich in einer Fosse septique (Güllegrube) aufgefangen und von dort auf dem Grundstück versickert.
Die Verstopfung war schnell beseitigt, trat allerdings noch einige Male auf.
Wahrscheinlich hatten sich nach und nach Ablagerungen in den Rohren gelockert und diese Brocken sorgten für die Blockaden. So richtig sehen konnte man nichts. Irgendwann hörten die Verstopfungen dann auf…
Der Holzofen vertrieb die Kälte sehr schnell und sorgte für Gemütlichkeit. Aber es strömte von überall kalte Luft ins Haus, was für schnelles Auskühlen über Nacht sorgte. Glücklicherweise gab es noch einen elektrischen Heizkörper, der für eine angenehme Temperatur beim Frühstück sorgte.
Die Strom- und Wasserversorgung funktionierte. Allerdings war die Dusche winzig (70x70cm) und viele Lampen, Schalter und Steckdosen an unsinnigen Stellen montiert.
Zudem waren – natürlich - französische Steckdosen installiert, d.h. es passten nicht alle Stecker. Abhilfe schafften schnell gekaufte Adapter.
Alles in allem waren die ersten beiden Wochen im eigenen Haus schön und aufschlussreich. Und wir machten lange Todo- und Einkaufslisten...
In den folgenden fünf Jahren wurde das Haus rundum renoviert.
Elektrik und Wasserversorgung wurden komplett erneuert.
Die Beleuchtung erfolgt komplett mit LED-Lampen.
Die Dachböden und alle Wände wurden isoliert und mit Ständerwerk neu verkleidet.
Aus den beiden Schlafzimmern mit 8 und 9 Quadratmetern und dem Flur entstand ein großes Schlafzimmer mit maßgeschreinerten Schränken.
Das obere Bad bekam eine große Dusche, und WC und Waschbecken wurden erneuert.
Unten wurde ein neues Bad mit WC errichtet mit Platz für die Waschmaschine.
Im gesamten Erdgeschoß wurden neue Pinien-Dielen und Fliesen verlegt.
Der Warmwasser-Boiler wurde ersetzt durch ein deutsches Modell mit viel geringerem Stromverbrauch. Die Stromkosten sind zwar viel niedriger als in Deutschland, aber wir wurden schließlich zig Jahre zum Sparen erzogen...
Die Küche wurde verlegt und an anderer Stelle komplett neu errichtet.
Der riesige vorhandene Grillkamin im Wohnzimmer wurde – inklusive des Schornsteins – abgerissen.
Das dritte Zimmer im Anbau bekam neue Fenster. Decken, Wände und Boden wurden neu gemacht und es gab einen extra Edelstahl-Schornstein mit dazu gehörigem Holzofen.
Zwei Eingangstüren und alle Fenster wurden erneuert.
Plastiktüren passen einfach nicht zu diesem Haus.
Die Terrasse wurde zunächst überdacht und schließlich zum Wintergarten ausgebaut.
Ein Sonnen/Luft-Kollektor sorgt für frische, angewärmte Luft im Inneren des Hauses. Er läuft komplett autark, kommt also ohne Stromanschluß aus.
Das alte Schleppdach kam weg und an dessen Stelle trat eine Werkstatt/Motorrad-Garage. Gebaut aus einer Kombination aus Naturstein und Holz.
Der Brunnen bekam eine elektrische Pumpe. Und das marode Dach des Backhauses wurde erneuert.
Brennholz für den Winter lagert und trocknet im neuen Holz-Schuppen.
Auf ein altes, vorhandenes Fundament im Garten errichteten wir ein Gerätehaus.
Dort finden Rasenmäher, Schubkarre und Co. Ihren Platz.
Viele Bäume im verwilderten Garten wurden gefällt, um Licht und Aussicht zu schaffen.
Vorher:
Nachher:
Der Garten wurde inzwischen weitgehend von Brombeeren und anderem Gestrüpp befreit und wird nun neu gestaltet. Dieser Prozess wird sich aber noch über Jahre hinziehen und wohl nie so ganz fertig werden...
Außen am Haus wurden die hölzernen Fensterläden renoviert, d.h. abgeschliffen und mit Wetterschutzfarbe neu lackiert.
Die Satelliten-Schüssel bekam die gleiche Farbe – soll ja zueinander passen...
Die Natursteine wurden teilweise neu verfugt.
Die beiden Keller bekamen eine ordentliche Stromversorgung inklusive Beleuchtung.
Fortsetzung folgt...
Beim Kaufpreis ist zu beachten, dass der Verkäufer den Immobilienmakler bezahlt... angeblich – denn natürlich sind diese Kosten im Kaufpreis enthalten, ebenso wie die Kosten für das Gutachten, das in Frankreich vor dem Verkauf einer Immobilie vom Verkäufer beauftragt werden muß.
Diese Kosten belaufen sich auf ca. 10%, nochmal etwa genauso viel kosten Notar, Grundbucheintrag, usw..
Der Verkäufer wollte 50000,-€ für das Haus.
Bezahlt haben wir also - inklusive aller Gebühren - knapp 60000,-€.
Die Renovierung verschlang bisher (Stand 2020) insgesamt ca. 29000,-€ - inklusive diverser Maschinen und Geräte (wie Kühlschrank, Kochfeld, Boiler, etc.).
Durch Preisvergleiche und günstigen Einkauf – auch gebrauchter – Materialien wurde etwa die gleiche Summe eingespart!
Allein der Gebraucht-Kauf der Holz-Eingangs-Türen und -Fenster sparte ca. 5000,-€!
Handwerker-Löhne gab es gar keine. Alle Arbeiten wurden von uns selber durchgeführt.
Im Zuge des Hauskaufs und der Renovierung haben wir mit viel mehr Franzosen Kontakt als während der Urlaubsreisen in früheren Jahren.
Wirklich alle - Nachbarn, Makler, Verkäufer, usw. - sind sehr nette und hilfsbereite Menschen. Und auch wenn die Konversation nicht immer einfach war, wusste am Ende immer jeder, was der andere meint.
Auch unser Französisch wird langsam besser...
Tja, 2020 war schon ziemlich übel:
Erst ab 15. Juni war die Einreise nach Frankreich wieder erlaubt - natürlich mit entsprechenden Papieren, Maske, Abstand, usw..
Der Garten war total zugewachsen, ca. 1,20m hoch. Der Rasenmäher war 3 Tage im Gorßeinsatz:
Wegen des Virus blieben wir die meiste Zeit zuhause, bauten u.a. Kleiderschränke und arbeiteten kleine Baustellen ab:
Und natürlich kümmerten wir uns um den Garten:
So langsam wird's gut...
Im Oktober war das Wetter dermaßen mies, dass es drinnen im Haus zügig voran ging.
Lampen und Schränke wurden gebaut und montiert, genauso wie Fuß- und Deckenleisten, etc..
Die oberen Zimmer sind nun - bis auf 2 Lampen - komplett fertig!
Unten fehlen noch ein paar Fliesen, Abschlussleisten und Schranktüren und natürlich ordentliche Möbel.
Bis auf den selbst gebauten Esstisch steht dort bisher nur Camping-Mobiliar.
Der Tisch ist gebaut aus alten Eiche- oder Kastanien-Bohlen, diese stammen vom alten Backhaus-Dach, die Beine sind aus Buchsbaum:
2021
(immer noch Corona...)
Das Reisen unter Pandemie-Bedingungen ist inzwischen Routine und die Seuche hält uns nicht von Besuchen in unserem neuen zuhause ab.
Im Mai war das Wetter anfangs noch etwas regnerisch. Doch das besserte sich...
Um unseren Radius beim Spazieren zu vergrössern kauften wir kurz entschlossen zwei Pedelecs (Ebikes) online.
Nach ein paar Tagen kam die Lieferung und inzwischen sind wir begeisterte Radler. Die Reichweite der Räder liegt bei ca. 30-50 Kilometern - abhängig von den Höhenmetern auf der Strecke.
Die restlichen Tür- und Fensterläden bekamen ebenfalls blaue Farbe.
An das bestehende Gerätehaus wurde eine Fahrrad-Garage angebaut. Die Garage am Haus ist einfach zu klein dafür.
Um die Akkus der Fahrräder aufladen zu können, musste natürlich Strom ins Gartenhaus verlegt werden.
Im Zuge dessen kam auch gleich eine Wasserleitung vom Brunnen mit dazu.
Sieht doch nett aus: